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Bodenverbrauch – Margreiter im Standard-Interview

In einem Standard-Interview vom 9. November 2023 fordert Johannes Margreiter als Bautensprecher der NEOS per Entschließungsantrag ein Raumordnungs-Rahmengesetz des Bundes. Die Widmungskompetenzen sollen aus seiner Sicht aber bei den Gemeinden bleiben.
Eine Zusammenfassung:

Standard: Der Bodenverbrauch in Österreich ist viel zu hoch, eine Bodenstrategie liegt noch immer nicht vor. Sie fordern nun aber auch ein Bundes-Raumordnungsrahmengesetz, ein entsprechender Entschließungsantrag dafür liegt im Parlament. Was soll es bringen?

Margreiter: Das Gesetz sollte einerseits helfen, den Bodenverbrauch zu begrenzen, indem es den Ländern verbindliche Ziele vorgibt. Andererseits sollen damit Liegenschaften für die Schaffung von leistbarem Wohnraum gesichert werden.

Standard: Raumordnung ist in Österreich Ländersache, das heißt, es wird wohl nicht ohne Verfassungsmehrheit gehen.

Margreiter: Es gibt eine Generalklausel, wonach alles bei den Ländern liegt, was nicht ausdrücklich dem Bund zugewiesen ist. Aber viele Verfassungsrechtler weisen auch zu Recht darauf hin, dass es verfassungsrechtlich abgesicherte Kompetenzen des Bundes etwa im Bereich der Stromtrassen und der Infrastruktur gibt, also wenn es beispielsweise um das hochrangige Straßennetz geht. Da liegt die Raumordnungskompetenz ganz klar beim Bund. Und das müsste man also quasi nur erweitern um den sozialen Wohnbau. Ich würde aber gerne die ganze Raumordnung neu aufsetzen, und zwar rechtssicher. Man muss sich das so vorstellen wie auf EU-Ebene, wo die EU-Kommission Richtlinien vorgibt und die Mitgliedsstaaten sie umsetzen müssen. Der Bund könnte also einen raumordnungsrechtlichen Rahmen vorgeben, der auch festlegt, wie viel Fläche als Vorbehaltsfläche für den geförderten oder gemeinnützigen Wohnbau zur Verfügung stehen muss. Und die Länder müssten das dann im Rahmen ihrer Raumordnungsgesetze mit Verpflichtung für die Gemeinden umsetzen, überprüfbar und finanziell sanktionierbar im Sinne von „Kein Zaster bei zu viel Pflaster“.

Standard: Sollte den Gemeinden aus Ihrer Sicht die Widmungskompetenz ganz entzogen werden?

Margreiter: Ehrlich gesagt bin ich dagegen. Ich weiß, die Neos-Linie ist offiziell eine andere, ich habe mich da intern noch nicht ganz durchgesetzt. Aber was wäre die Alternative? Dass dann auf Landesebene über die Widmungen entschieden wird? Es muss ja ohnehin auch jetzt schon jede Widmung vom Land genehmigt werden. Ich wäre eher für ein Demokratiepaket: Gemeinderatssitzungen sollten verpflichtend via Livestream übertragen werden, um so eine den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts angepasste digitale Öffentlichkeit herzustellen. Dann müssten sich die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr ins Gemeindeamt begeben, um der Sitzung zu folgen, sondern könnten das bequem von zu Hause aus machen. Und Widmungsvorhaben sollten vor jeder Sitzung öffentlich bekanntgemacht werden. Hier müsste also noch viel mehr Transparenz Einzug halten. Zweiter wichtiger Punkt wäre eine zeitliche Begrenzung des Bürgermeisteramts auf nur noch zwei Perioden. Damit nicht wieder so etwas rauskommt wie in Grafenwörth. Und der dritte Punkt: Ein Flächenwidmungsplan ist eine Verordnung, eine einzelne Privatperson tut sich recht schwer, diese auf Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen. Hier müsste man dafür sorgen, dass das leichter möglich wird.

Standard: Zum leistbaren Wohnen: Auf einem STANDARD-Wohnsymposium im vergangenen März haben Sie für Aufsehen gesorgt, weil sie als Neos-Abgeordneter ein klares Bekenntnis zur Wohnungsgemeinnützigkeit und zur Wohnbauförderung ablegten. „Wohnbauförderung nur für Gemeinnützige“, damit sind Sie voll auf Linie mit dem Verein für Wohnbauförderung, also den „roten“ Gemeinnützigen-Vertretern.

Margreiter: Ja, absolut. Wohnbauförderung und Gemeinnützigkeit gehören zusammengespannt. Die Verländerung der Wohnbauförderung im Jahr 2008 war eine Todsünde, da versickert jetzt viel Geld in den Landesbudgets. Ich würde sowohl die laufenden Beiträge wie auch die Rückflüsse aus der Wohnbauförderung wieder zweckbinden und dieses Geld in allererster Linie den gemeinnützigen Bauträgern zur Verfügung stellen. Die haben einerseits die steuerlichen Vorteile, andererseits brauchen sie aber auch zusätzlich wegen der hohen Grund- und Baukosten die Förderung. Mit der Wohnbauförderung Privateigentum zu schaffen, das sollte keinesfalls das vorrangige Ziel sein. In Tirol, meinem Heimatbundesland, kann sich ohnehin nur mehr jemand ein Eigenheim leisten, wenn der Grund schon vorhanden ist. Diese Leute kaufen sich mit dem Wohnbauförderscheck dann die Einbauküche. Das ist falsch. Damit habe ich mich in Tirol allerdings ziemlich unbeliebt gemacht …

Dr. Johannes Margreiter, Abgeordneter zum Nationalrat. Aktuelle Beiträge auch bei uns auf facebook